Hallo zurück!
Inhaltsübersicht
Es fällt mir direkt schwer, wieder auf den Blog zu gucken. So lang war ich weg, dass mich schon das schlechte Gewissen plagt, wie sehr ich ihn vernachlässigt habe. Vermisst habe ich es auch, das Schreiben.
Lange war es ruhig hier und auf allen meinen Kanälen. Zu ruhig. Der Tod eines Bloggers, eigentlich. Und dies tatsächlich, weil ich fast gestorben wäre. Ich erzähle dir, was in den letzten beiden Monaten los war.
Ich melde mich zurück. Ja, ich lebe noch.
Keine Floskel in meinem Fall, sondern die pure Wahrheit – Gott und den Ärzten sei Dank!
Schon einige Zeit war ich nicht fit. Überarbeitet. Gestresst. Dauerbelastet. Dann kam der Infekt dazu, der mich einen Tag zum Erliegen brachte. Aber danach ging es mir gefühlt gut und ich konnte sogar noch zu dem Bloggertag der Linzer Buchbinderei Strandl gehen, auf den ich mich schon so sehr gefreut hatte! Der Bloggertag war Samstag und es ging mir gut. Babymaus war auch dabei, entzückend wie immer und recht zufrieden.
Der Abend verlief auch ruhig wie immer, aber ich spürte schon ein leichtes Ziehen auf der linken Halsseite. Am nächsten Tag wachte ich mit einer Beule am Hals auf. Seitenstrang-Angina – dachten Mann und ich. Habe ja keine Mandeln mehr, dachte ich. Nachdem ich schon den Sonntag davor flachlag, verbrachte ich auch diesen Tag nur im Bett. Leicht belustigt dachte ich noch, ja der Sonntag wird wohl mein Liegetag! Aber lustig war das ganz und gar nicht. Ich war völlig platt. Wollte nur schlafen, wusste aber nicht wie ich liegen sollte. Das Schlucken fiel mir schwer. Das Sprechen auch, ich brachte den Mund kaum auf. Ich wollte aber nicht eine derjenigen sein, die am Sonntag wegen einem Husten ins Krankenhaus fahren. Schlafen wollte ich, wie die Woche davor und falls es nicht besser wäre, am nächsten Tag zum Hausarzt gehen.
Was, ich muss operiert werden?
Also schleppte ich mich mit Baby in der Trage zum Kindergarten, um den Großen dorthin zu bringen. Ich wusste nicht, wie ich den Tag überstehen sollte. Keineswegs fühlte ich mich besser als am Vortag und wollte nur schnell nach Hause, mich wieder schlafen legen. Auch die Quarkwickel die ich mir nun schon den zweiten Tag machte, brachten nur wenig bis keine Besserung. Trinken konnte ich nur sehr schlecht, essen schon gar nicht.
Tränen liefen mir übers Gesicht, als mir der Mann schon am Kindergarten entgegen kam. Er hatte in der Arbeit Bescheid gesagt, dass er mit mir zum Arzt muss. Die Woche davor war er schon wegen Angina krank zu Hause, nun sollte er wieder der Arbeit fernbleiben müssen. Aber sein Arbeitgeber ist da wirklich sehr kulant, selbst Vater von drei Kindern. Da sieht man vielleicht Manches anders. Ich war so dankbar! Also gingen wir nach Hause und machten uns für den Arzt fertig. Dort kam ich auch recht zügig dran, das richten sie mir zum Glück ein, sofern möglich, damit ich mit Babymaus nicht so lang warten muss.
Der Arzt war gar nicht glücklich, überwies mich sofort zum HNO Arzt, sogar direkt in die Krankenhausambulanz. Also machten wir uns zu Hause fertig, während Babymaus und ich nochmal stillend einschliefen, holte Mann den Großen vom Kindergarten. Dann fuhren wir Alle gemeinsam ins Krankenhaus. Ich wurde schnell aufgenommen und auch sehr zügig untersucht – so schön wenn man mit den Kleinen nicht zu lang warten muss.
Aber es galt auch, nicht zu viel Zeit zu verlieren! Der Arzt meinte, ich müsse sofort operiert werden! Ich dachte nur daran, dass ich nicht ohne mein Baby sein kann und sie unbedingt weiterstillen will und werde! Der Arzt mahnte mich eindringlich, dass es zuerst um mein Leben ginge.

zurück im Leben
Mir war nicht bewusst, wie ernst die Lage schon war.
Da ich mittags noch einen Schluck Wasser getrunken hatte, musste ich noch 2 Stunden auf die OP warten. In den 2 Stunden besorgte der Mann schnell, was er die nächsten Tage benötigen würde: Flasche, Milchpulver und Co. Und da ich nichts mit hatte auch für mich ein paar Artikel wie Kontaktlinsenzeug.
Ich konnte es nicht wahrhaben! Ich dachte, ich bin im falschen Film.
Wollte die Kleine noch stillen, war aber so gestresst, dass das so gut wie nicht möglich war. Wie sollte ich auch nur eine Sekunde ohne mein Baby aushalten, geschweige denn eine ganze Nacht? 3-4 Tage, wie es hieß? Ich fragte, ob sie nicht bei mir bleiben kann. Könnte sie schon, aber die HNO Station sei voller Keime, hohes Infektionsrisiko (mehr auf anderen Stationen) – das schien mir leider einleuchtend.
Ich habe nur geheult, das konnte doch alles nicht wahr sein! Nun, beim Schreiben kommen mir schon wieder die Tränen, das war echt nicht schön. Eine elektrische Milchpumpe ließ ich mir bringen und anschließen. Ich hatte so ein Ding zwar schon nach der Geburt von Babymaus benutzt, um den Überdruck beim Milcheinschuss abzulassen, aber wusste ein halbes Jahr später schon nicht mehr, wie ich das Gerät benutzen soll. Zumindest war ich aber so vorbereitet, meine Milchbildung aufrecht zu erhalten und Milch abzupumpen.
16 Uhr. Ich musste mich von meiner Familie verabschieden und wurde in den OP gefahren.
Schrecklich nervös war ich und so enttäuscht, dass ich mein Baby nicht stillen darf und besorgt, wie meine kleine Familie zurecht kommen wird. Ob Babymaus die Flasche trinken wird. Ob sie viel weinen wird. Wie der Mann das Alles aushalten wird. Und mein Großer mit der Situation umgeht. So viele Gedanken, am wenigsten um mich.
Zwei Stunden später wachte ich auf und fühlte mich ziemlich gut, hatte keine Schmerzen. Schlucken und Mund öffnen klappte immer noch nicht, aber ich wurde ja gerade erst operiert. Dachte, das muss so. Auch die Beule am Hals war noch da. Mir wurden eine Mandel und ein Lymphknoten entfernt. Anscheinend habe ich doch noch Mandeln (gehabt, jetzt ist es ja nur noch eine ^^). Früher hat man wohl nur Teilentfernungen von Mandeln durchgeführt und ein bisschen was ist in den fast 20 Jahren vielleicht auch noch nachgewachsen. Nun gut. Also ruhte ich mich etwas aus.
Geschlafen hab ich schrecklich, so vermisst hab ich meine Lieben. Wir schlafen im Familienbett. Meistens nur die Kinder und ich, aber gerade sie haben mir unendlich gefehlt.
„Tot nutzen Sie Ihrer Familie nichts.“
Am nächsten Tag sprach ich mit den Ärzten bei der Morgenvisite. Sie sagten noch einmal eindringlich, dass ich nun zuerst an meine Gesundheit denken müsse. Wortlaut Chefarzt: „Tot nutzen Sie ihrem Baby nichts, da können Sie es auch nicht mehr stillen!“ Bum. Das saß. Ich bin heulend aus der Visite rausgegangen. Ich sagte, ich möchte mit einer Stillberaterin der Frauenklinik (Nachbargebäude) sprechen, dort gibt es eine Stillambulanz. Die Schwestern meinten, sie haben mit ihr schon telefoniert. Aber sobald Zeit sei, kommt sie vorbei.
Zur Sicherheit suchte ich noch die Telefonnummer der Stillberaterin meines Vertrauens heraus. Ich kenne Angela seit 3 Jahren, besuchte damals mit dem Großen ihre Stillgruppe. Sie gab mir auch sehr hilfreiche Tipps zum Abstillen vom Großen. Sie ist eine wahre Perle. Also telefonierte ich mit ihr, und sie sagte die Narkose ist nicht das Problem bei der OP, eher Schmerzmittel und Co. So erleichtert war ich. Als ich nachfragte, bekam ich das „Go“ zum Stillen und freute mich sehr, als Baby und Mann kamen und ich Babymaus anlegen durfte. Mittags holten sie den Großen vom Kindergarten und wollten mich noch einmal am Nachmittag besuchen.
Meine Gefühle fuhren Achterbahn
Ein MRT stand noch auf der Tagesordnung. Gewartet habe ich darauf seit der Früh, drangekommen war ich als Letzte um 13 Uhr. 14 Uhr am Zimmer. Ich fragte, ob es sich ausgeht, dass meine Familie vorbeikommt (sie fahren über eine halbe Stunde in die Stadt). Ja klar, meinten die Ärzte, geht sich aus.
Pustekuchen. 14:30 Uhr war der Arzt da zur Befundbesprechung, ich müsse sofort in den OP. Wie, schon wieder? „Wir wissen nun, wo die Entzündung sitzt, wo wir schneiden müssen.“ Also gut, dann sag ich der Familie bescheid, die kommen jeden Moment. „Nein, Sie können nicht warten. Sie müssen JETZT in den OP!“ Das kann nicht sein. Ich hab meinen Sohn schon einen ganzen Tag nicht mehr gesehen. Mann und Baby vor Stunden und nach der OP wird es ja nicht gehen.
Mir wurde versichert, es sei wieder ein schneller Eingriff wie am Vortag, meine Familie können 2-3 Stunden auf mich warten, dann sei ich wieder am Zimmer. Heulend aber zuversichtlich, dass ich meine Familie noch sehen werde, kam ich also wieder in den OP. Mir wurde sogar versichert, alles sei stillfreundlich. An der Narkose soll es nicht scheitern, Schmerzmittel und Antibiotika seien laut Embryotox stillverträglich. Mit einem Lächeln verabschiedete ich mich in den Tiefschlaf und freute mich darauf, bald meine Familie zu sehen und Babymaus zu stillen!
Das war Dienstag Nachmittag gegen 15 Uhr.
Meine persönliche Horrorgeschichte
Ich kann mich an Sequenzen erinnern. Irgendwas steckte in meinem Hals, etwas Großes! Ich sah eine Uhr. Bin ich im Aufwachraum? Jemand sagte etwas, ich schlief wieder ein.
Dann wurde ich langsam wach. Ich sah die Uhr wieder: 11 Uhr. So spät, dachte ich. Was ist passiert? Und was ist das in meinem Mund? Da steckt ein riesiger Schlauch! Ich konnte nicht atmen, wurde etwas panisch. Kapierte dann aber schnell, dass ich intubiert war und durch den Schlauch atmen musste. Dann realisierte ich, dass lauter Kabel und Schläuche an und in mir hingen. Ich war noch ganz benommen, kannte mich überhaupt nicht aus, was da los war. Wo war meine Familie?
Eine Schwester bemerkte das, kam zu mir. Ich konnte sie aber nicht fragen, wegen diesem riesigen doofen Schlauch. Schwach war ich auch noch sehr. Hatte Sonntag meine letzte Mahlzeit zu mir genommen. Getrunken hatte ich auch nichts, mir wurden aber Infusionen gegeben. Dann kam endlich ein Arzt und befreite mich von dem Tubus. Das war echt grausig, aber gut das Ding loszuwerden. Nun wurden Sauerstoffsättigung und alles Mögliche überwacht. Hohes Fieber hatte ich wohl. Mir war kalt und der Rücken tat mir so weh, ich wusste nicht wie ich liegen sollte. Konnte mich aber noch nicht bewegen. Kreislauf auch hinüber.
Dann klärte mich die Schwester auf. Mir fehle womöglich ein Tag. Es sei Mittwoch Vormittag. Ich wurde im künstlichen Tiefschlaf gehalten, damit der Kehlkopf nicht kollabiert und sich Alles etwas beruhigt, die Medikamente wirken können. Sie wies mich darauf hin, dass sie alle 3-4 Stunden die Milch abgepumpt hätten (Tausend Dank an dieser Stelle an das tolle Personal und die Stillberaterin, die ihnen alles erklärt und mit der Gerätschaft versorgt hat!). Ich bekomme aber starke Medikamente, und sollte dann erstmal ein paar Wochen nicht stillen.
Das hat mich so traurig gemacht. Auch dass ich meine Familie so lang schon nicht mehr gesehen hatte. Mein Baby, meinen Großen, meinen Freund. Dass ihnen gar nichts gesagt wurde, was mit mir los ist, erfuhr ich erst später. Ich durfte aber als ich dazu in der Lage war, kurz mit meinem Freund telefonieren. Aufs Zimmer kam ich erst am späten Nachmittag. Dort durfte ich dann auch endlich wieder was essen: Suppe und Pudding. Hunger und Durst hatte ich inzwischen schon ziemlich, nach über 3 Tagen.
Und die Familie kam! Mein Großer war richtig geschockt, als er mich sah. Das tat mir sehr leid. War ich zu egoistisch, sie zu mir bestellt zu haben? Ich hatte Angst, mein Baby zu sehen und nicht stillen zu dürfen. Es war ein großer Einschnitt für mich. Für uns! Aber der Mann hat das super hinbekommen mit den Kleinen. Auch an dich meinen größten Dank, meine größte Wertschätzung, mein Liebster!
Sie blieben nur kurz. Ich konnte nicht einmal mein Baby halten, so schwach war ich noch.
Am nächsten Tag kamen sie wieder vorbei. Ich blieb ein paar Minuten allein mit den Kindern, um dem Mann eine kurze Pause zu ermöglichen. Doch eigentlich war mir das schon zu viel. Zum herumgehen zwang ich mich, damit ich den Schwestern zeigte, ich kann allein aufs Klo gehen. Der Katheder wurde zum Glück bald entfernt. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich sowas und kann in Zukunft gern darauf verzichten.
Wieder fühlte ich mich als Spielball der Ärzte
Am Freitag stand noch einmal ein MRT auf dem Plan.
Wieder das selbe Spiel: Ich komme spät dran. Bestelle meine Familie (schon vorher). Bekomme direkt nach MRT den Befund mitgeteilt mit der Aufforderung, ich müsse sofort in den OP. Eine Schwester wies mich noch darauf hin, dass dieses Mal von außen geschnitten wird, nicht wie vorher durch den Mund. Ich denke nur, ok. Dann muss es so sein. Mir war nicht bewusst, dass der Schnitt 15 cm lang sein wird (vom Ohr bis fast zum Schlüsselbein).
Wieder verpasste ich haarscharf meine Familie. Sie kamen gerade in mein Zimmer, als ich von zwei Schwestern (nicht wie bei den beiden vorherigen OPs einem „Transporteur“) weggefahren wurde. Sie hielten mein Bett noch kurz an, damit ich alle Drei nochmal drücken konnte. Ich heulte wie ein Schlosshund. Ich konnte nicht mehr. Ich vermisste sie so unendlich. Die Tränen wollten nicht aufhören zu laufen. Unten bei den OP Sälen bemerkte ich, dass sogar eine der Schwestern schon mit weinen musste. Ich hatte Angst. Wieder eine OP. Die dritte in 5 Tagen. Hoffentlich erst einmal die Letzte. Der Oberarzt persönlich legte das Messer an.
Nach dieser OP fühlte ich mich nicht gleich wieder fit. Zwei Drainagen hingen mir aus dem Hals. Ich blieb noch ein wenig im Aufwachraum und kam dann aufs Zimmer. Ich glaub, an dem Tag hab ich meine Familie nicht mehr gesehen. Richtig fertig war ich auch, wollte mich ausruhen. Aber an Schlaf war nicht zu denken. So sehr vermisste ich meine Kinder! Und nebenbei immer pumpen, pumpen, pumpen.
Ich will weiter stillen!
Stillen wollte ich nicht aufgeben, auch wenn mir die Ärzte immer mehr zum Abstillen rieten. „Wenn ihr Baby eh schon aus der Flasche trinkt, können Sie das Stillen ja gleich bleiben lassen“, „Sie ist eh schon ein halbes Jahr alt, jetzt sollten Sie eh langsam abstillen.“ „Wenn Sie krank sind, sollten Sie nicht stillen. Sie stecken Ihr Kind sonst an“. Und lauter solcher Blödsinn. Sogar eine Abstilltablette wurde mir angeboten. Nein, das gebe ich nicht auf, dachte ich. Sie ist noch nicht so weit. Wir sind noch nicht so weit. Also pumpte ich. Es kamen nur noch 10-20 ml pro Seite, pro Pumpvorgang.
Ich aß und ich trank und ich zwang mich dazu, herum zu gehen, mich selbst zu waschen, etc. Meine Familie besuchte mich jeden Tag. Es ging mir immer besser, zumindest wurden die Entzündungswerte nun immer besser. Nach ein paar Tagen im Krankenhaus durfte ich am Donnerstag nach der OP nach Hause.
Es hat noch ein paar Wochen gedauert, bis es mir wieder gut ging, bis der Schwindel weg war und auch die Wunde soweit verheilt war. Die Narbe wird bleiben. Aber das Wichtigste ist: Ich lebe noch!