Das ORF Essperiment 2.0

Das Essperiment 2.0

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Vor drei Jahren startete der österreichische Rundfunk ORF ein großes Projekt: Das Essperiment 1.0, im Zuge dessen drei Haushalte begleitet wurden, wie sie sich regional versorgten. Aufgabe der Kandidaten war es, ein Jahr lang im Umkreis von 100 km, auf österreichem Grund einzukaufen. Dabei wurden spannende Erkenntnisse gewonnen, Alternativen gefunden und Herausforderungen überwunden.

Nun wurden wir als Familie ausgewählt, ein Jahr lang Zero Waste zu leben und dabei medial begleitet zu werden. Ich konnte mein Glück gar nicht fassen! Endlich hätten wir die Motivation, tatsächlich ein Leben ohne Müll anzustreben! Nachdem alle Familienmitglieder dafür waren, sagten wir zu und starten somit in das Essperiment 2.0. Die Serie wurde schon im Juni das erste Mal ausgestrahlt. Es folgen noch weitere 11 Staffeln immer zum Monatsanfang, die du eine Woche lang in der ORF Mediathek abrufen kannst. Außerdem werde ich hier am Blog berichten, wie es uns und auch den anderen Kandidaten des Projektes ergeht.

ORF Team

Die drei Männer besuchen uns monatlich zum TV-Dreh.

Die Kandidaten des ORF Essperiment 2.0

 

Der Selbstversorger

Der Pharmakonsulent Ralf Knauseder will in einem Jahr Selbstversorger werden. Er lebt seit 3 Jahren auf seinem kleinen Bauernhof in Schreibersdorf (südliches Burgenland). Zu seinen tierischen Mitbewohnern gehören Katzen und Mini-Hängebauchschweine, welche sich gerade an Nachwuchs erfreuen. Ralf wird allerdings kein Fleisch selbst produzieren und überlegt, seinen ohnehin geringen Fleischkonsum einzustellen.

Tauschgeschäfte sind ausdrücklich erlaubt. In dem kleinen Ort funktioniert Nachbarschaftshilfe noch: Es wird zusammen geholfen, es werden gemeinschaftlich Produkte erzeugt, oder untereinander getauscht. Milchprodukte will sich Ralf vom benachbarten Bauern ertauschen. Ebenso wird er Arbeitskraft gegen Dinge tauschen dürfen, die er selbst nicht herstellen kann. Ralf wird zB. nicht auf WC-Papier verzichten und muss daher einen Weg der Beschaffung finden. Auch Öl kann er noch nicht selbst herstellen.

Viele Pflanzen hat er bisher angesetzt, darunter die schönen, schmackhaften blauen Kartoffeln, welche wir auch in unserem Mini-Garten wachsen lassen – doch wird er damit über den Winter kommen? Ralf geht auf Nummer sicher und hat noch mehr Gemüse angepflanzt, gedüngt wird mit Pferdemist. Obstbäume hat er ungefähr 80 Stück auf seinem Hof, vorwiegend alte Sorten. Er hat auch schon gute Erfahrungen mit der Essigherstellung gemacht.

Ich bin gespannt zu sehen, wie er auch über den Sommer hinaus kreative Lösungen auf seinem Weg zum Selbstversorger finden wird.

 

Die nachhaltige Stadt

Außerdem nimmt am Essperiment 2.0 eine ganze Gemeinde teil: Baden bei Wien will im nächsten Jahr so nachhaltig wie möglich werden. Dazu lädt die Stadt alle Gewerbetreibende, Vereine, Bürgerinnen und Bürger ein, sich an dem Projekt zu beteiligen.

In den Schulen wird schon angeregt überlegt, welche Maßnahmen zu einem nachhaltigeren Lebensstil angegangen werden sollten. So setzen sich die jungen Einwohner Badens mit Kleidung, Konsum, Reisen, Ernährung und Vielem mehr auseinander und prüfen: Was brauche ich eigentlich zum Leben und was nicht? Was macht Nachhaltigkeit aus und was kann ich als Einzelner zum Umweltschutz beitragen?

Als Impulsgebung dienten die unlängst ausgerichtete Klima- und Umweltfilmtage, die seit 2014 jährlich in Baden stattfinden. Auch hier stand dieses Jahr die Jugend im Vordergrund (Schülerforum Nachhaltigkeit Baden), die mit eigenem Engagement aktiv wird: Da gibt es das Mädchen, die sich fragt, auf welche Elektrogeräte sie verzichten kann oder den jungen Vegetarier, der keinen Führerschein machen will (da er eh kein Auto fahren will) und noch ganz viele andere visionäre Ideen.

Ein Paradies für Radfahrer: Die Radstadt Baden

Generell spielt die Mobilität in Städten immer eine große Rolle, es wird sich im Zuge des Essperiments auch hier viel in Baden tun. Radfahren gehört schon zum Stadtbild von Baden, doch wird sich das durch die Neuerung ändern? Tagsüber versperren Pöller die Einfahrt in die Innenstadt – nicht nur für Autos, sondern auch für Räder.

Allerdings sollen die Abstellplätze für Fahrräder ausgebaut werden, wobei sich am Vorbild des Abstellplatzes am Bahnhof orientiert wird. Am Bahnhof gibt es vier Anlagen mit 800 Stellplätzen, die im Jahr zu 75 % belegt sind. Es ist möglich, ein ganzen Servicepaket zu mieten: sichere Radboxen, inkl der Möglichkeit, rund um die Uhr kleine Reparaturen durchzuführen. Für größere Reparaturen gibt es eine Werkstatt, die „immer zu tun hat, auch außerhalb der Öffnungszeiten wird hier geschraubt“.

Linz kann sich da viel abgucken! Es ist unglaublich, was hier nicht nur Staus entstehen, wie viele Pendler allein in ihrem Auto sitzen, stundenlang ihre Lebenszeit verschwenden. Ist das der Preis für Flexibilität – flexibel ewig lang im Auto, im Stau eingesperrt zu sein? Ein Thema, das mich sehr beschäftigt, wie du merkst. Dabei wäre es doch so einfach: Auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, besonders einfach innerhalb der Stadt, Park&Ride Plätze nutzen, Fahrgemeinschaften gründen. Ich bin ganz gespannt, welche Maßnahmen im Badener Mobilitätsbereich ergriffen werden.

Das Essperiment holt neben Initiativen auch Betriebe vor den Vorhang, die sich bereits nachhaltig verhalten. So wurde in der letzten Folge ORF 2 konkret Sigrid Weil und ihr Blumengeschäft protraitiert. Frau Weil ist es wichtig, dass in Blumengeschäften saisonale Produkte verkauft werden und nachhaltig gehandelt wird. Ihr Ziel für das nächste Jahr: Plastik gänzlich aus ihrem Geschäft zu verbannen. Ich hoffe, es werden sich weitere Floristen daran ein Beispiel nehmen, sind sie doch so nah dran, an der Natur!

 

Zero Waste Family Österreichs

Und schlussendlich kommen wir zu uns: Einer kleinen Familie aus Oberösterreich, der Linzer Vorstadt. Hier leben mein Lebensgefährte und ich mit Sohnemann (4), Babymaus (bald 1) und Katze in einer 70 Quadratmeter Wohnung mit kleinem Garten.

Unsere Herausforderung

Ein Jahr lang so wenig Müll wie möglich produzieren (unser Jahres-Müll soll in eine Vase passen, darf gern weniger sein). Dabei zählt Papier nicht dazu, da es schon sehr gut recycelt wird.

Meine Motivation

Schon immer war mir unsere Natur und unsere Umwelt wichtig. Schon als Kind habe ich Müll gesammelt, habe die Kleidung meiner großen Schwester (gern!!) getragen, habe gern in der Erde gegraben und gewühlt. Allerdings haben wir noch nicht wirklich nachhaltig gelebt, auch ich als Erwachsene nicht. Es reizt mich aber schon lang, all die Dinge die ich über den Zero Waste Lebensstil weiß, auch umzusetzen.

Vieles haben wir schon in unseren Alltag integriert, aber für mein Empfinden noch nicht genug! Mit der Teilnahme am Essperiment 2.0 möchte ich das ändern. Ich will unseren Kindern ein positives Vorbild sein – auch dich als Leser inspirieren. Zeigen, dass Müllvermeidug und bewusster Konsum nichts mit Verzicht zu tun haben, sondern eher mit Gewinn. Dass ein nachhaltiger Lebensstil auch zur körperlichen und seelichen Gesundheit beiträgt. Ja, da steckt für mich persönlich eine sehr große Motivation dahinter. Auch da ich sehe, dass ich all meine Vorhaben, meine Pläne, meine Wünsche allein durch den nachhaltigen Lebensstil umsetzen kann. Und das macht mich jetzt schon so glücklich!

 

ORF Team zu Besuch

ORF Team Essperiment 2.0

Inwiefern leben wir bereits Zero Waste?

Mit der Geburt des Großen vor vier Jahren wurde ich um ein Vielfaches mehr für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert.

Wir hatten unglaublich viel Müll durch die Wegwerfwindeln, fast jedes Spielzeug war/ist aus Plastik, die konventionelle Billig-Fast-Fashion hat hohe Polyesteranteile. Ich war schockiert und sah mich gezwungen, zu handeln.

Wir stellten auf moderne Stoffwindeln um, versuchten nur ausgewähltes Spielzeug zu wünschen (selber kaufen ist eigentlich gar nicht erforderlich), verzichteten auf Pflegeprodukte für unser Baby – Wasser, Luft und Liebe ist Alles, was die zarte Babyhaut braucht. Als die Beikostzeit anfing, ließen wir unseren Sohn am Tisch mitessen, das Essen selbst erkunden. Ich kochte zu der Zeit ganz anders, viel Obst und Gemüse, kein Salz oder Zucker und wir stillten noch sehr lange zum Essen dazu.

Besonders von den Stoffwindeln war ich so begeistert, dass ich die Ausbildung zur Stoffwindelberaterin machte, um auch andere Eltern mit meinem Wickelwahnsinn anzustecken. Die Windeln, die unser Sohn „leider“ sehr bald nicht mehr brauchte, habe ich aufgehoben und jetzt nutzen wir sie wieder für die kleine Schwester. Sie wird übrigens seit der 3. Lebenswoche abgehalten und braucht deswegen nur einen Bruchteil der Windeln. Schwerenherzens muss ich mich nun also von vielen Windeln trennen.

Weitere Bereiche gestalten wir nachhaltiger, das würde hier den Rahmen sprengen, wenn ich ausführlicher werde. Nur kurz dazu: Wir kaufen sehr viel gebraucht, wir upcyclen Einiges, versuchen vor der Entsorgung noch andere Möglichkeiten der Nutzung zu finden oder verkaufen / verschenken die Sachen. Zum Einkaufen haben wir einen Einkaufskorb und Stofftaschen, in der Küche habe ich versucht, Plastik zu vermeiden (Utensilien aus Metall oder Holz, Behälter aus Glas / Edelstahl). In vielen Punkten siegte aber die Bequemlichkeit, so habe ich doch oft konventionell mit viel Verpackungsmüll eingekauft. Das werden wir nun ändern!

Müllsammelaktion Linz

Müllsammelaktion in Linzer Au

Was mir noch sehr am Herzen liegt: Wenn ich mit den Kindern am Spielplatz bin, habe ich immer einen alten Joghurteimer und einen Gartenhandschuh mit, um ein wenig Müll aufzusammeln. Zigarettenstummel liegen immer herum, aber auch Plastikmüll, der sich schon zersetzt und noch so viel mehr. Den kleinen Kübel bekomme ich leider fast immer voll. Ich will damit sagen, dass auch das für mich mit Zero Waste zu tun hat: Nicht nur (aber unbedingt!) vor der eigenen Haustür zu kehren, sondern auch ein Vorbild zu sein. Für meine Kinder, für andere Eltern, die auf einmal mitmachen. Für aktive Beteiligung zu sensibilisieren.

Was setzen wir im Zuge des Essperiment 2.0 zuerst um?

  • anderes Einkaufsverhalten
  • Mehrweg statt Einweg
  • regional und saisonal

Die großen Ziele für das nächste Jahr

  • Essgewohnheiten umstellen (weniger Fleisch → vegetarisch → vegan?)
  • viel mehr selber machen / Alternativen suchen
  • Mobilität, Öffis, Rad?

 

Ich halte dich auf dem Laufenden, was sich so Alles tut. Das Essperiment 2.0 wird unser ganzes Leben verändern. Darauf freue ich mich sehr, auch wenn ich ehrlicherweise etwas nervös bin.

Interessierst du dich für Nachhaltigkeit – Warum oder warum nicht? In welchen Bereichen konntest du schon auf Müll verzichten oder auf nachhaltige Alternativen wechseln? Erzähle mir gern mehr darüber in den Kommentaren.

 

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